Die Deklaration von Helsinki beinhaltet die ethischen Richtlinien für medizinische Forschung am Menschen und beruht auf der Generalversammlung des Weltärztebundes von 1964. Obwohl die Deklaration von Helsinki nicht bindend ist, ist sie weltweit Grundlage für Gesetzeswerke.
Fortschritte der Medizin sind untrennbar mit Studien am Menschen verbunden. Diese Suche nach neuen Erkenntnissen, vor allem das Erproben von neuen Methoden, Arzneimitteln oder Medizinprodukten verlangt besondere Vor- und Umsicht. Solche biomedizinischen Forschungsprojekte müssen daher im Rahmen strenger gesetzlicher Bestimmungen und im Sinne internationaler Richtliniensorgfältig geplant, durchgeführt und ausgewertet werden.
Die Ethikkommission des Landes Vorarlberg ist beauftragt, biomedizinische Studien vor deren Beginn zu begutachten und die Unbedenklichkeit der Vorhaben festzustellen. Im Sinne der WHO-Leitlinien für die Arbeit von Ethik-Kommissionen umfasst der Begriff „biomedizinische Forschung“ wissenschaftliche Projekte mit Arzneimitteln, medizinischen Geräten, medizinisch angewendeter Strahlung und bildgebenden Verfahren, chirurgischen Verfahren, medizinischen Aufzeichnungen und biologischen Proben, sowie epidemiologische, sozialwissenschaftliche und psychologische Untersuchungen.
Zu den zentralen Aufgaben des Gremiums gehört der Schutz der Rechte, der Sicherheit und des Wohlergehens der Prüfungsteilnehmer:innen. Eine fundierte Abwägung von Nutzen und Risiken ist dabei von entscheidender Bedeutung. Die gründliche Begutachtung der eingereichten Projekte betrifft unter diesem Aspekt auch deren wissenschaftliche Qualität und Relevanz.
Rechtsgrundlagen
- Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetz (KAKuG)
- Gesetz über Krankenanstalten (SpG)
- Arzneimittelgesetz (AMG)
- Medizinproduktegesetz(MPG)
- Gentechnikgesetz (GTG) jeweils in der geltenden Fassung.
Abgesehen von diesen Rechtsquellen mit bereichsspezifischen Regelungen sind gegebenenfalls auch die einschlägigen Bestimmungen anderer Gesetze zu berücksichtigen: Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), Strafgesetzbuch (StGB), Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (ABGB), Datenschutzgesetz (DSG), Fortpflanzungsmedizingesetz (FMedG), Blutsicherheitsgesetz (BSG), Gewebesicherheitsgesetz (GSG), Strahlenschutzgesetz (StrSchG) / Medizinische Strahlenschutzverordnung (MedStrSchV), u.a
Geschäftsordnung der Ethikkommission des Landes Vorarlberg
§ 1 Gesetzliche GrundlagenDie Einrichtung und die Aufgaben der Ethikkommission beruhen auf dem Vorarlberger Spitalgesetz, dem Kranken- und Kuranstaltengesetz, dem Arzneimittelgesetz und dem Medizinproduktegesetz und anderer in Betracht kommender einschlägiger Rechtsvorschriften unter Beachtung der Deklaration von Helsinki, der EG-GCP Note for Guidance und den ICH-GCP-Guidelines.
§ 2 SitzDie Geschäftsstelle hat ihren Sitz in Bregenz.
§ 3 Organe der EthikkommissionDie Organe der Ethikkommission sind das Kuratorium und die den Vorsitz führende Person.
§ 4 Konstituierung des Kuratoriums(1) Nach der Bestellung der Mitglieder ist das Kuratorium unverzüglich durch die in§ 12 Abs 3 lit e des Spitalgesetzes genannte Person zur konstituierenden Sitzung einzuberufen.
(2) Bis zur Wahl der den Vorsitz führenden Person hat die in § 12 Abs 3 lit e des Spitalgesetzes genannte Person die Sitzung zu leiten.
§ 5 Kuratorium(1) Dem Kuratorium der Ethikkommission gehören die in § 12 Abs 3 des Spitalgesetzesangeführten Personen als stimmberechtigte Mitglieder an.
(2) Das Kuratorium ist berechtigt, für die Beurteilung spezifischer Fragestellungen externe Gutachten einzuholen.
(3) Die Mitglieder des Kuratoriums sind verpflichtet, persönlich an den Sitzungen teilzunehmen. Im Falle ihrer Verhinderung sind sie verpflichtet dafür Sorge zutragen, dass ihre Vertretung durch ein Ersatzmitglied sichergestellt ist. Eine Verhinderung ist der den Vorsitz führenden Person (mit Ausnahme unmittelbar vor Sitzungstermin eintretender unvorhersehbarer Ereignisse) unverzüglich bekanntzugeben.
§ 6 Vorsitz(1) Das Kuratorium wählt aus seiner Mitte die den Vorsitz führende Person.
(2) Stimmberechtigt sind alle ständigen Mitglieder des Kuratoriums (§ 12 Abs 3 lit a bis k des Spitalgesetzes). Wählbar sind alle ständigen Mitglieder und deren Ersatzmitglieder.
(3) Die Wahl erfolgt per Handzeichen. Auf Verlangen zumindest eines Mitgliedes wird die Wahl in Form einer geheimen Wahl durchgeführt. In gleicher Weise wählt das Kuratorium aus dem Kreise seiner Mitglieder und deren Ersatzmitglieder eine Person, welche die den Vorsitz führende Person im Falle der Verhinderung oder Befangenheit vertritt. In gleicher Weise ist eine zweite Person zu wählen, welche den ersten Stellvertreter bzw. die erste Stellvertreterin im Falle der Verhinderung oder Befangenheit vertritt.
(4) Der den Vorsitz führenden Person obliegt die Führung der laufenden Geschäfte und die Vorbereitung der Kuratoriumssitzungen.
(5) Die den Vorsitz führende Person vertritt das Kuratorium nach außen.
(6) Die den Vorsitz führende Person ist an die Beschlüsse des Kuratoriums gebunden. Sie ist berechtigt, über die laufenden Geschäfte, Anfragen, dringliche Angelegenheiten, Amendments und Mitteilungen, die keine wesentlichen Änderungen einer eingereichten Studie zur Folge haben, sowie über nachgereichte Unterlageneigenverantwortlich zu entscheiden.
(7) Die den Vorsitz führende Person kann außerhalb von Sitzungen von den Mitgliedern Stellungnahmen im schriftlichen Weg einholen.
§ 7 Einberufung des Kuratoriums(1) Die den Vorsitz führende Person hat das Kuratorium nach Bedarf einzuberufen. Die Einladung hat mindestens eine Woche vor der Sitzung unter Bekanntgabe der Tagesordnung sowie unter Anschluss der erforderlichen Unterlagen zu erfolgen.
(2) Wenn dies mindestens drei Mitglieder schriftlich unter Beifügung eines bestimmten Vorschlages zur Tagesordnung verlangen, ist das Kuratorium zum frühestmöglichen Termin, zumindest aber innerhalb von drei Wochen, einzuberufen.
(3) Wenn es aus besonderen Anlässen oder zur Behandlung dringlicher Angelegenheiten geboten ist, kann die den Vorsitz führende Person auch aus eigenem eine außerordentliche Sitzung einberufen.
(4) Die Beiziehung eines Facharztes oder einer Fachärztin in jenem Sonderfach, in das das jeweilige von der Ethikkommission zu beurteilende Vorhaben fällt, kann entfallen, wenn fachspezifische Fragestellungen auch mit dem medizinischen Wissen eines anwesenden Arztes oder einer anwesenden Ärztin als Mitglied des Kuratoriums beantwortet werden können.
§ 8 Tagesordnung(1) Die Tagesordnung für die Sitzung des Kuratoriums ist von der den Vorsitz führenden Person festzusetzen.
(2) Jedes Mitglied des Kuratoriums ist berechtigt, Anträge auf Aufnahme in die Tagesordnung zu stellen. Können diese aus zeitablaufmäßigen Gründen bei der Erstellung der Tagesordnung für die nächstfolgende Kuratoriumssitzung keine Berücksichtigung finden, ist in dieser über diese Anträge vor Eingehen in die Tagesordnung zu entscheiden.
§ 9 Sitzungen (1) Die Sitzungen des Kuratoriums sind nicht öffentlich. Die Teilnahme an den Sitzungen ist Mitarbeitenden der Geschäftsstelle zum Zweck der administrativen Unterstützung und Protokollierung sowie auch den Ersatzmitgliedern gestattet.
(2) Sitzungen sollen grundsätzlich in physischer Anwesenheit abgehalten werden. Sie können aber auch im Rahmen von Videokonferenzen oder in einer hybriden Form (d.h. die Teilnahme ist in Präsenz oder per Video möglich) stattfinden, worüber die den Vorsitz führende Person entscheidet.
(3) Beider Einberufung ist auf die in Form einer Videokonferenz oder einer hybriden Konferenz geplante Durchführung der Sitzung und Beschlussfassung hinzuweisen.
(4) Die den Vorsitz führende Person hat dafür Sorge zu tragen, dass sich die an einer Konferenzgemäß Abs. 2 zweiter Satz per Video teilnehmenden Mitglieder via Bild- und Audioübertragung zu Wort melden und abstimmen können. Die teilnehmenden Personen sind verpflichtet, den rechtlichen Vorgaben, insbesondere der Vertraulichkeit der Sitzung und den datenschutzrechtlichen Bestimmungen, durch geeignete Maßnahmen Rechnung zu tragen.
(5) Die im Rahmen einer Konferenz gemäß Abs. 2 zweiter Satz an der Sitzung via Bild- und/oder Audioübertragung teilnehmenden Personen gelten als anwesend.
§ 10 Abstimmungen und Beschlüsse(1) Die den Vorsitz führende Person hat die Sitzungen zu leiten und die Beschlussfähigkeit festzusetzen. An der Sitzung teilnehmende Ersatzmitglieder können an den Beschlüssen nur dann mitwirken, wenn das jeweilige Mitglied nicht anwesend oderbefangen ist.
(2) Das Kuratorium ist beschlussfähig, wenn mindestens sechs Mitglieder anwesend sind. Beschlüsse werden mit einfacher Mehrheit der anwesenden Mitgliedergefasst. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme der den Vorsitz führenden Person den Ausschlag. Eine Übertragung des Stimmrechtes eines Mitgliedes auf eine andere Person ist unzulässig.
(3) Dem Prüfer ist Gelegenheit zu geben, das Forschungsprojekt persönlich zu präsentieren. Die anschließende Beratung und Beschlussfassung erfolgt in Abwesenheit des Prüfers.
(4) Sämtliche Tagesordnungspunkte sowie Anträge mit Ausnahme von Berichten bedürfen einer Beschlussfassung des Kuratoriums. Das Kuratorium ist befugt, seinen Entscheidungen aufschiebende oder auflösende Bedingungen sowie Auflagen (Aufträge) beizusetzen oder sie zu befristen.
(5) Die Abstimmung erfolgt durch Handzeichen. Eine Stimmenthaltung bzw. Vorbehalte bei der Stimmabgabe sind unzulässig.
(6) Die überstimmten Mitglieder haben das Recht, ihre Auffassung in straffer Form als Minderheitsbericht dem Protokoll anzuschließen.
(7) Das Mitglied ist in eigener Angelegenheit (zB Prüfer, Studienleiter oder Mitwirkender an einer Studie) am Abstimmungsverfahren nicht teilnahmeberechtigt.
(8) In dringenden Fällen kann die den Vorsitz führende Person eine schriftliche Abstimmung im Umlaufweg durchführen (Umlaufbeschluss). Die Mitglieder haben binnen einer Woche ab Eingang der Aufforderung ihre Stimme schriftlich abzugeben. Insofern binnen dieser Frist keine Stimme abgegeben wird, wird dies als Zustimmung gewertet. Das Ergebnis der Abstimmung hat die den Vorsitz führende Person den Mitgliedern in der nächsten Kuratoriumssitzung zur Kenntnis zubringen.
§ 11 Befangenheit(1) Ein Mitglied, bei dem einer der in § 7 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 genannten Befangenheitsgründe vorliegt, darf seine Stimme nicht abgeben. Das befangene Mitglied hat insbesondere bei der internen Diskussion und Beschlussfassung den Sitzungsraum bzw. die Videokonferenz zu verlassen.
(2) Ein Befangenheitsgrund ist der den Vorsitz führenden Person sofort anzuzeigen.
(3) Befangenheit liegt insbesondere auch vor, wenn ein Mitglied an einem Projekt, über das ein Beschluss gefasst werden soll, beteiligt ist.
(4) Die Mitglieder haben allfällige Beziehungen zur pharmazeutischen Industrie oder Medizinprodukteindustrie gegenüber dem Kuratorium oder der den Vorsitz führenden Person vollständig offenzulegen. Sie haben sich ihrer Tätigkeit – unbeschadet weiterer allfälliger Befangenheitsgründe – in allen Angelegenheiten zu enthalten, in denen eine Beziehung zur pharmazeutischen Industrie oder Medizinprodukteindustrie geeignet ist, ihre volle Unbefangenheit in Zweifel zuziehen.
§ 12 Protokoll und Votum(1) Über jede Sitzung des Kuratoriums ist ein Ergebnisprotokoll aufzunehmen.
(2) Das Protokoll hat insbesondere zu enthalten:
a) den Ort und die Zeit der Sitzung,
b) die Anwesenden,
c) die Feststellung der Beschlussfähigkeit,
d) die Tagesordnung,
e) die erfolgten Mitteilungen,
f) die gefassten Beschlüsse, einschließlich der die Beschlüsse tragenden Gründe, und, sofern die Beschlussfassung nicht einstimmig erfolgte, das namentliche Abstimmungsergebnis.
(3) Das Protokoll ist möglichst innerhalb von 14 Tagen anzufertigen, von der den Vorsitz führenden Person zu unterzeichnen und den Mitgliedern undErsatzmitgliedern zuzustellen.
(4) Einwendungen sind spätestens bei der auf die Zustellung folgenden Kuratoriumssitzung vorzubringen. Falls keine Einwendungen erfolgen, gilt dieNiederschrift als genehmigt. Über allfällige Einwendungen ist in der nächstenSitzung zu entscheiden.
(5) Das Votum, welches nach Abschluss des Verfahrens erteilt wird, hat eine Listed er an der Sitzung teilgenommenen Mitglieder zu enthalten.
§ 13 VerschwiegenheitspflichtDie Mitglieder und Ersatzmitglieder des Kuratoriums sowie zu den Kuratoriumssitzungen beigezogene Fachleute und externe Gutachter sowie Mitarbeitenden der Geschäftsstelle sind zur Verschwiegenheit über alle ihnen im Zuge der Tätigkeit für die Ethikkommission bekannt gewordenen Tatsachen bzw. anvertrauten Informationen verpflichtet. Die Verschwiegenheitspflicht ist zeitlich unbegrenzt und endet nicht mit dem Ende der Funktion.
§ 14 Verfahren und Bearbeitungsbeitrag(1) Dem Kuratorium obliegt die Beschlussfassung über die konkrete Vorgangsweise für die Einreichung und Bearbeitung der Geschäftsfälle.
(2) In Standard-Verfahrensanweisungen (Standing Operating Procedures (SOP)) können detaillierte Abläufe einzelner Verfahrensschritte, die Erstellung von Richtlinien für die Antragsteller, Formulare uä. geregelt werden. Sofern nichts anderes festgelegt ist, sind einem Antrag folgende Unterlagen
beizulegen:
a. Antrag mit Beschreibung des Vorhabens samt Erläuterungen
b. Studienprotokoll
c. Nachweis der Qualifikation der PrüferInnen
d. Erklärung von Interessenskonflikten
e. Patienten/Patientinnen-Informationen
f. Versicherungsbestätigungen
g. Voten anderer Ethikkommissionen (wenn vorliegend)
h. Patienten/Patientinnen-Karte, Patienten/Patientinnen- Tagebuch, Fragebögen (wenn vorliegend)
Bei Bedarf kann die den Vorsitz führende Person weitere Unterlagen anfordern. Auf der Homepage der Ethikkommission können Musteranschreiben, Antragsformulare und andere Informationen zur Verfügung gestellt werden.
(3) Zur Abdeckung des Sach- und Personalaufwandes legt das Kuratorium Bearbeitungsbeiträge wie folgt fest:
a. für Vorhaben gemäß § 13 Abs. 1 lit. a Spitalgesetz, in denen die Ethikkommission als lokale Ethikkommission tätig wird: € 600.-
b. für alle anderen Vorhaben: € 1.800.-
Dem Vorsitzenden obliegt es für die Bearbeitung von Vorhaben, die nicht gesponsert sind, auf Antrag das Entgelt aus Gründen der Billigkeit ganz oder zum Teil nachzusehen.
§ 15 GeschäftsstelleDer Ethikkommission steht eine zur Erfüllung ihrer Aufgaben personell und sachlich geeignet ausgestattete Geschäftsstelle zur Verfügung. Sie kann bei der Vorarlberger Landesregierung beantragen, dass die Geschäftsstelle dem Amt der Landesregierung übertragen wird.